LZMA1112Da unsere Tour erst am Nachmittag beginnt, fangen wir den Tag ganz gemütlich mit einem indischen Frühstück an und bummeln danach noch durch einige Straßen und Märkte der Altstadt. Madurai ist eine der Städte in Indien, die sich in den letzten 20 Jahren am wenigsten verändert hat. Hier gibt es immer noch sehr viele Kleinst- und Klein-Unternehmen, winzige Läden und Handwerksbetriebe wie sie für Indien so typisch sind. Die Straßen sind lebendig und bunt und wir können uns einfach so treiben lassen, ohne dass es langweilig würde.

Um 14:30 Uhr holt uns unser Führer Mr. Johnson im Hotel für die Stadtführung ab. Da er von einer Gruppe und nicht von einer Familie ausgeht, fragt er Sonja, die als erste in der Lobby auftaucht, wo denn der Gruppenleiter sei. Sie erklärt ihm, dass ihr Vater gleich käme. Er möchte aber dennoch wissen, wo denn der Gruppenleiter sei. Erst als wir alle da sind, löst sich das Missverständnis auf und es ist Mr. Johnson sichtlich peinlich.

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Der Minakshi-Tempel in Madurai weist insgesamt 12 Tortürme auf und bedeckt eine Fläche von 6 Hektar.

Wir beginnen mit einem Rundgang um den Minakshi Tempel. Minakshi ist eine andere Form von Parvati, einer der wichtigsten Göttinnen im Hinduismus und Gattin Shivas, eines der drei wichtigsten Götter. Der 6 Hektar großen Tempel im Zentrum von Madurai ist vor allem der Hochzeit von Minakshi und Shiva gewidmet. Das zeigt sich nicht nur in den mehr als 1500 Figuren, die die Eingangstürme zum Tempel zieren und die die Hochzeitszene sowie die beiden Götter sowie Vishnu, den Bruder von Minakshi darstellen. Im Innern gibt es zudem zwei Heiligtümer, die nur für Hindus zugänglich sind. In dem einen wird Minakshi verehrt, im anderen Shiva.

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Gott Vishnu (blau, 2. von links) gibt seine Schwester Minakshi (grün, Mitte) dem Gott Shiva (2. v. r.) zur Frau.

Jeden Abend wird ein Abbild Shivas ins Minakshi -Heiligtum getragen, damit die beiden Eheleute die Nacht miteinander verbringen können. Jeden Morgen geht die Prozession wieder zurück. Der Tempel ist den Hindus so heilig, dass jeder Hindu einmal im Leben hier gewesen sein sollte. Folglich besuchen jährlich mehrere Millionen Hindus dieses Heiligtum.

 

 

LZMA1232Wir besichtigen zunächst nur die Eingangstürme von außen, die aus unterschiedlichen Bauphasen stammen. Der älteste Turm ist rund 600 Jahre alt und bietet die bunteste Sammlung an Götter- und Dämonen-Figuren bis hinauf an die 9 Stockwerke hohe Spitze. Der jüngste Turm ist erst vor rund 150 Jahren entstanden und weist weniger Figuren auf. Das unterste Stockwerk der Türme mit dem Tor ist jeweils aus Granit gefertigt, die hohen Aufbauten sind aus Ziegelsteinen gemauert und dann mit Gipsfiguren verkleidet. Die Figuren wurden jeweils vorher gegossen bzw. geformt und dann an den Fassaden der Türme angebracht. Sie sind mit pflanzlichen Farben bemalt, was zur Folge hat, dass die Türme alle 12 Jahre komplett eingerüstet und die Farben erneuert werden müssen.

Unser Rundgang durch die Stadt führt uns weiter durch eine riesige steinerne Festhalle, deren äußere Gänge von Händlern und Schneidern als Markthalle genutzt werden. Die innere Halle (alles aus Granit) wird regelmäßig für religiöse Feste genutzt.

LZMA1117Als Mr. Johnson merkt, dass wir Gefallen an dem bunten Treiben auf dem Markt haben, führt er uns – mit einem Abstecher zu einem weiteren kleinen Tempel – zum Bananenmarkt, auf dem seit Jahrhunderten ausschließlich Bananen in allen Größen und Farben angeboten werden.

 

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Der ehemalige Maharadscha-Palast in Madurai

Weiter geht es zum ehemaligen Maharadscha-Palast von Madurai. Heute steht nur noch der zentrale Bau dieses einst riesigen Palastes, etwa ein Viertel der ursprünglichen Bauwerke. Den größten Teil haben die Briten nach der Eroberung Madurais Ende des 18. Jahrhunderts zerstört, ebenso wie die Stadtmauer, die einst die ganze Stadt umgab und an deren Stelle heute die Ringstraßen um die Altstadt führen. Der Palast ist – außer von seiner Größe her – wenig beeindruckend und das prunkvolle Leben des Maharadschas, der mit seinen 2 Frauen und einem Harem mit 95 Mätressen in dem Palast lebte und regierte, lässt sich nur noch dunkel erahnen.

 

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20171228_192012Letzte Station unserer fast 5-stündigen Führung ist ein Rundgang durch das Innere des Minakshi-Tempels – zumindest soweit wir als Nicht-Hindus hinein dürfen. Auch Mr. Johnson ist Christ, kennt sich aber mit den verschiedenen Gottheiten und deren Bedeutung sehr gut aus und kann uns viel über das Wie und Warum der hinduistischen Bräuche, aber auch viel über die Historie des Tempels und über die ausgesprochen fantasievollen und zugleich äußerst kunstvollen und detaillierten Steinmetzarbeiten erzählen. So erfahren wir, dass der Tempel im Jahre von Jahrhunderten immer wieder erweitert und angebaut wurde.

DDSC_1768as Innere des 6 Hektar großen Geländes ist fast vollständig von gewaltigen Säulenhallen, kleineren Nischen und Meditationsräumen sowie den innersten Heiligtümern bebaut. Zudem gibt es einen für Indien typischen Tempelteich, in dem auch rituelle Waschungen vorgenommen werden. Es gibt aber auch, die Theorie, dass die Teiche für die Tempel deshalb notwendig sind, um den Untergrund und damit das Fundament der gewaltigen Bauten dauern feucht und damit stabil zu halten.

 

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Der Tempelteich bei Nacht
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Heilige Säule im Innern des Tempels
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Der heilige Stier Nandi, das Reittier Shivas

DSC_1814Bei unserem Rundgang sehen wir hunderte Gläubige, die in langen Schlangen stundenlang anstehen, um einen kurzen Blick auf die heilige Minakshi-Figur werfen und ihre Opfergaben (meist Kokosnüsse, Öl oder Blumen und immer etwas Geld) abgeben zu können. Die eingenommenen Gelder aller Tempel gehen übrigens in die Staatkasse und davon werden Schulen, Krankenhäuser, Sozial- und Altenpflegeeinrichtungen finanziert.

Auch wenn wir uns letztlich nur wenig von dem behalten können, was wir an diesem interessanten und informationsreichen Tag gehört und gesehen haben, bleibt uns das Erlebte dennoch nachdrücklich in Erinnerung.

 

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