Dienstag, 10. Dezember 2019
Yangon

Der Jetlag hat einen Vorteil: Wir sind schon früh wach und es fällt uns nicht schwer, gegen fünf Uhr früh aufzustehen, ein Taxi zu nehmen und zur Shwedagon-Pagode zu fahren, um dort den Sonnenaufgang zu erleben. Die Shwedagon-Pagode ist eigentlich ein weitläufiges Tempelgelände, auf einem Hügel nördlich der Altstadt Yangos gelegen, und ist das bedeutendste buddhistische Heiligtum in Myanmar. Im Zentrum der 6 Hektar großen Tempelplattform erhebt sich ein 99 Meter hoher, komplett vergoldeter Stupa, ein runder, spitz zulaufender Reliquienbau, der vor mehr als 1500 Jahren errichtet wurde, um acht Original-Haare des Religionsgründers Siddharta Gautama (Buddha) darin aufzubewahren. Darum herum gibt es unzählige weitere Tempel und unzählige Buddha-Statuen.
Morgens vor Sonnenaufgang ist es noch sehr ruhig hier, nur einige Gläubige verrichten schon ihre Gebetszeremonien und kleine Gruppen buddhistischer Nonnen mit ihren Novizinnen singen ihre Mantras und erbitten etwas zu essen oder kleine Geldbeträge.
Die spirituelle Atmosphäre ist überall spürbar und ist ebenso beeindruckend, wie die Mengen an Gold, welche den Hauptstupa und die Säulen und Wände der unzähligen kleineren Tempel bedecken und die im Licht der nun aufgehenden Sonne in warmem Gelb erstrahlen.
Gut zwei Stunden verbringen wir im Tempelgelände, aber dann treibt uns der Frühstückshunger zurück zum Hotel, wo wir auf der Dachterrasse mit Blick auf die Altstadt unser Frühstück genießen.

Für den Nachmittag haben wir uns etwas vorgenommen, das eigentlich keine Sehenswürdigkeit im herkömmlichen Sinne ist, aber in allen Reiseführern als sehenswerte Attraktion angepriesen wird: Eine Fahrt mit der Circle Line, einem Regionalzug, der auf einer kreisförmigen Route vom Zentrum in die Außenbezirke verkehrt und auf dessen Route man viel vom Leben in der größten Stadt Myanmars mitbekommt.

Der Bahnhof im typisch burmesischen Stil wurde 1957 anstelle des ursprünglichen, beim Abzug der britischen Truppen 1945 niedergebrannten Bahnhofsgebäudes errichtet. Das riesige, inzwischen etwas heruntergekommene Gebäude und der Name „Yangon Central Railway Station“ versprechen mehr als wir im Innern vorfinden. Die Schalter sind alle geschlossen, die Bahnsteige nur wenig belebt. Kein Wunder, denn außer der Circle Line mit rund 15 Abfahrten pro Tag von Gleis 7, verlassen kaum mehr als 10 Züge pro Tag diesen größten Bahnhof Myanmars.

Der Zug – offenbar ebenfalls aus den 1950er Jahren – ist sehr einfach ausgestattet, aber durchaus nicht unbequem. Während in den Frühzügen zwischen 6 Uhr und 8.30 Uhr kaum ein Sitzplatz zu finden ist, weil so viele Pendler den Zug nutzen, gelingt es uns auf Anhieb, einen Sitzplatz am offenen Fenster zu finden. Während der quälend langsamen Fahrt über offensichtlich reparaturbedürftige Gleise, vorbei an den Hinterhöfen der Stadt, schlängeln sich Händler und Süßigkeitenverkäuferinnen durch die Gänge und preisen lautstark an, was sie zu verkaufen haben. In Reiseführern und Reiseblogs wird diese Fahrt im Pendlerzug – mangels anderer Attraktionen in Yangon – als großes Abenteuer und ein Muss gepriesen, doch für jemanden, der wie wir schon tausende Kilometer in indischen Zügen zurückgelegt hat, kann die Circle Line nicht viel Spannendes bieten.


Etwa auf halber Strecke, am Bahnhof Insein im Nordwesten der Stadt, steigen wir aus und besuchen, nach kurzer Suche nach dem richtigen Weg, einen typischen Markt, auf dem nicht nur Gemüse, Fisch und Fleisch, sondern auch Schuhe, Klamotten und alles für den Haushalt angeboten wird. Wir bummeln durch die engen Gässchen des größtenteils überdachten Marktes, bestaunen das reichhaltige Angebot und genießen den Trubel. In einer kleinen Seitengasse finden wir eine Suppenküche, wo schon ein paar Leute sitzen und essen. Wir gesellen uns dazu und bestellen eine Suppe „nach Art des Hauses“ – eben das, was alle anderen auch in ihrem Teller haben. Die Suppe ist super-lecker, eine richtig kräftige Brühe, kräftig gewürzt und mit allerlei Gemüse, Nudeln und anderen Dingen, die wir nicht identifizieren können, angereichert. Und das Ganze für 60 Cent pro Teller. Während wir da sitzen, rollt die Küchenchefin fleißig Sushi aus Algenblättern, Klebreis, Krebsfleisch und Salat. Das sieht so lecker aus, dass wir uns noch ein solches, frisch zubereitetes Röllchen zum “Nachtisch” gönnen.

Für den Rückweg in die Innenstadt zu unserem Hotel nehmen wir einen Bus, das geht schneller und wir müssen nicht so lange auf den nächsten Zug warten. Trotzdem ist es fast dunkel, als wir endlich am Hotel ankommen. Wir bummeln noch zum Park an der nahe gelegenen Sule-Pagode, wo farbenfrohe Lichterketten in Herz- und anderen Formen offenbar auf die Weihnachtsfeiertage einstimmen sollen – auch wenn die buddhistische Bevölkerungsmehrheit mit diesem Fest nicht wirklich viel verbindet.
Weitere Bilder von der Shwedagon-Pagode:
Weitere Bilder aus Yangon: