Samstag, 14. Dezember 2019
Mandalay – Mingun – Mandalay

Nach dem Frühstück auf der Dachterrasse unseres Hotels machen wir uns schon früh um acht auf den Weg zu unserem Ausflug nach Mingun. Das Dorf liegt nur rund acht Kilometer nördlich von Mandalay – aber am gegenüberliegenden Ufer des Flusses Ayeyawady. Und weil es nur eine einzige Brücke gibt, die rund 20 Kilometer südlich von Mandalay über den Fluss führt, wird die Fahrt nach Mingun zum Tagesausflug.

Das kleine Dorf Mingun war unter König Bodawpaya (der gleiche, der die 3,80 Meter hohe Mahamuni-Buddha-Figur zerlegen und rund 500 km weiter in der Nähe der Königsstadt Amarapura wieder aufstellen ließ) Am Anfang des 19. Jahrhunderts zeitweise Königsresidenz. Der König litt offenkundig an Größenwahn. Denn als Demonstration seiner Macht und seiner allumfassenden Begabung ließ er 1791 nach eigenen Plänen von zehntausenden Zwangsarbeitern eine mehr als 50 Meter hohe Pagode aus Backstein errichten, deren riesigen Hallen im Inneren mehr als 40.000 Reliquien beherbergen sollten. Doch die Pagode wurde nie fertig und zwei Erdbeben Anfang des 19. Jahrhunderts ließ große Teile des riesigen Gebäudes einstürzen. Doch selbst in ihrem verfallenen Zustand wirken die Überreste der Pagode noch immer beeindruckend.

Ein weiteres Größenwahn-Projekt König Bodawpayas können wir nur wenige Schritte entfernt besichtigen: die Mingun-Glocke. Mit mehr als 90 Tonnen Gewicht, 3,70 Meter Höhe und 5,0 Meter im Durchmesser ist die die größte, noch intakte Glocke der Welt.
König Bodawpaya ließ die Glocke 1808 gießen. Den Glockengießer ließ er anschließend töten, damit er nicht noch einmal ein solches Meisterstück herstellen konnte.
Anders als unsere Kirchenglocken haben Glocken in buddhistischen Klöstern in Myanmar keinen Klöppel. Sie hängen knapp über dem Boden und werden von Mönchen und gläubigen Besuchern mit einer dicken Holzstange am unteren Rand angeschlagen. Der Glockenschlag ist das Zeichen einer vollbrachten guten Tat und erfolgt nach einer Verehrungszeremonie oder nach einer Opferspende.
Eine, in ihrer Form einmalige Pagode ist die Hsinbyume Paya, die ein Enkel Bodawpayas 1802 errichten ließ. Er widmete sie seiner verstorbenen Lieblingsfrau (Könige hatten damals mehrere Frauen). Der Stupa steht auf sieben, mit wellenförmigen Mauern verzierten Terrassen und soll so den heiligen Berg Meru darstellen, den die buddhistische Mythologie als von sieben Gebirgen umgeben beschreibt.
Auf unserem Weg durch die Ruinen und heiligen Stätten besuchen wir noch eine von einem deutschen Verein unterstützte Schule, wo wir sogar einen Teller Suppe aus der Schulküche bekommen. Zum Dank kaufen wir der netten Schulleiterin noch einen Hut und ein T-Shirt als Souvenirs ab, deren Erlös angeblich der Schule zugutekommt.

Während es früh morgens noch ziemlich kalt auf dem Roller war, genießen wir auf dem Rückweg die wärmende Sonne. Auf dem Weg legen wir einen kurzen Stopp in Amarapura ein. Die einstige Königsresidenz ist heute Zentrum der Webkunst im Norden Myanmars. Hier enstehen die meisten der nach wie vor populären Lungys (sprich Lundschi), die Wickelröcke, die sowohl von Männern als auch von Frauen getragen werden. Während Männer immer karierte Muster tragen, sind die Muster der Frauen-Lungys vielfältig und bunt – zu Festen auch gerne mit Gold- oder Silberfäden durchwirkt.
Die Webereien muten allerdings wie aus dem Beginn der industriellen Revolution an. Es ist unglaublich laut, eng und dunkel. Die Maschinenbedienerinnen arbeiten ohne Gehörschutz und sind sicherlich schon nach kurzer Zeit völlig taub.
Vor allem ausgefallene und teure Stoffe entstehen hier allerdings nach wie vor auf Hand-Webstühlen. Durch Zufall haben wir Gelegenheit, einer Weber-Familie bei der Fertigstellung eines besonders schönen, mit echten Goldfäden durchwirkten Festtags-Lungys zuzusehen. Die beiden alten Leute sind sichtlich stolz auf ihr Stück und präsentieren es uns gerne.
Es wird schon dunkel, als wir endlich bei Timothy und seiner Motorradvermietung ankommen. Wir tauschen den Automatik-Roller gegen zwei 150 Kubik „schwere“ Bajaj Boxer aus indischer Produktion (der Name hat nichts mit der Bauart des Motors zu tun). Da in Myanmar 100er und 125er das übliche Maß der Dinge darstellen, sind diese Modelle mit ihrem relativ großen Motor, ihrem komfortablen, aber robusten Fahrwerk und ihrem großen Tank schon richtig reisetauglich.
Weitere Bilder vom Ausflug nach Mingun und Amarapura: