Freitag, 13. Dezember 2019
Mandalay
Wir möchten noch mehr von Mandalay sehen und haben uns daher entschlossen, noch zwei Tage länger hier zu bleiben. Da in unserem Hotel keine Zimmer mehr frei sind, ziehen wir nach dem Frühstück in ein anderes Hotel, näher am Zentrum und in unmittelbarer Nähe des Zeycho Marktes. Es ist nicht weit und wir können die paar hundert Meter zu Fuß gehen. Wir lassen also das Gepäck im Hotel Shwe Phyo und gehen dann schnell um die Ecke zum Markt, wo wir für rund zehn Euro ein paar Jeans-Jacken erstehen, um für die Motorradfahrt besser gerüstet zu sein als nur mit einer Fleece-Jacke.
Vor dem Hotel nehmen wir uns einen „Three-Wheeler“, wie die Motorrikschas indischer Bauart hier genannt werden, um zum Motorradverleih zu kommen. Rund einen Kilometer vor dem Ziel hält der Fahrer an und will nicht mehr weiterfahren. Er behauptet, wir hätten ihm gesagt, das Ziel sei in der 66. Straße und nicht in der 55. Straße. Nach einiger Diskussion fährt er noch ein kurzes Stück, dann ist er beleidigt und lässt uns aussteigen, ohne das Geld für die Fahrt zu nehmen (wir treffen ihn später am Hotel wieder und drücken ihm das Fahrgeld dort in die Hand – wir wollen ja nichts schuldig bleiben).
Von Timothy bekommen wir einen schicken roten Roller mit Automatik – perfekt, um die Stadt und die Umgebung zu erkunden. Als erstes fahren wir zur Kuthodaw-Pagode. Eigentlich bedeutet der Name „Pagode der königlichen Verdienste“, sie ist aber auch als „das größte Buch der Welt“ bekannt. Der Tempel besteht aus 729 einzelnen Stupas (kegelförmiger Bau, der Buddha und seine Lehre symbolisiert) in Form kleiner pavillonartiger Tempel, in denen jeweils eine Marmorplatte steht.
Auf den Marmorplatten sind das Leben und die Lehren Buddhas eingraviert. Bei seinem Bau 1868 war es das erste Mal, dass der buddhistische Pali-Kanon in Stein gemeißelt wurde, davor gab es die Geschichten nur auf Palmblättern oder auf Holz. Von der historischen und religiösen Bedeutung abgesehen, bietet die ungeheure Menge an blendend weißen Tempelchen mit ihren spitzen Hauben ein faszinierendes Fotomotiv.
Nach einer kurzen Essens-Pause (Hatte ich schon erwähnt, dass das Essen hier sehr variantenreich und überaus lecker ist?) fahren wir mit unserem Roller in den Süden von Mandalay. Hier steht das mit Abstand bedeutendste religiöse Zentrum im Norden Myanmars: die Pagode des Großen Weisen – Mahamuni Paya. Dieser Tempelkomplex wurde 1785 erbaut und ist damit älter als die Stadt Mandalay. Die Pagode beherbergt die 3,80 Meter große Bronzestatue des Mahamuni-Buddha, die vermutlich im 2. Jahrhundert nach Christus im Königreich Dhanyawadi, ganz im Westen des heutigen Myanmars, gegossen wurde. Nach der Eroberung dieses Königreiches durch den damals mächtigen Herrscher des benachbarten Bagan-Reiches, ließ dieser die Statue zerlegen, über mehrere Flüsse transportieren und an seiner heutigen Stelle wieder aufbauen.
Unter den Pilgern hat es sich eingebürgert, bei einem Besuch des Heiligtums ein Blatt Gold auf die Figur zu kleben (dieses Recht ist allerdings nur Männern vorbehalten). Über die Jahrhunderte hat sich so eine vermutlich mehr als 15 Zentimeter dicke Schicht mit mehr als 12 Tonnen Gold auf dem Buddha angesammelt. Mit seinen unzähligen Goldknubbeln sieht er daher etwas unförmig aus. Jeden Tag um 16 Uhr begleiten Musikanten die Schließung des Buddha-Schreins – für unsere Ohren ein ziemlich schräg klingendes Orchester.
Wo wir gerade in der Nähe sind, besuchen wir auf dem Rückweg zum Hotel noch das Kloster Shwe In Bin, das zu den besterhaltenen Klosteranlagen aus dem 19. Jahrhundert gehört. Das zentrale Gebäude aus Holz ist mit unzähligen Schnitzereien verziert.
Doch damit nicht genug: Mit dem Roller ist es nur noch einen Katzensprung bis zum südlich von Mandalay gelegenen Taungthaman-See. Die beiden Ufer des Sees verbindet eine 1,2 Kilometer lange, komplett aus Teakholz errichtete Fußgängerbrücke. Sie wurde zwischen 1849 und 1851 errichtet und ist nach U-Bein, dem damaligen Bürgermeister der am Westufer gelegenen Königsstadt Amarapura benannt. Vor allem zum Sonnenuntergang, wenn sich die Silhouette der Brücke und der darauf flanierenden Besucher gegen den orangerot gefärbten Himmel abzeichnen, ist die U-Bein-Brücke ein außergewöhnlicher Anblick und unbedingt einen Besuch wert.
Weitere Bilder vom Tag in Mandalay: