Battambang liegt im sogenannten Reisgürtel von Kambodscha, eine der fruchtbarsten Gegenden mit den besten Böden. Aus dieser Gegend wird nicht nur Reis, sondern auch sehr viel Gemüse und Obst in die Hauptstadt Phnom Penh geliefert. Entsprechend reichlich ist das Angebot auf dem städtischen Markt. Auch Fleisch und Fisch in allen Variationen gibt es hier in Hülle und Fülle. Nicht immer wirken die ausgestellten Lebensmittel für unsere Augen appetitlich, aber die Einheimischen kaufen hier mit sehr viel Sachverstand ein, begutachten das Fleisch und den frischen Fisch und feilschen um den Preis.
Für den Nachmittag haben wir bei einem Tuk-Tuk-Fahrer eine Tour zu einigen Sehenswürdigkeiten in der Umgebung von Battambang gebucht. Tuk-Tuks sind motorisierte Dreiräder, bei denen der Fahrer vorne wie auf einem Motorrad sitzt und die Fahrgäste hinten zu zweit nebeneinander. Anders als in Thailand, wo es sich um echte Dreiräder handelt, sind die meisten Tuk-Tuks in Kambodscha als Anhänger konstruiert: auf das Motorrad wird hinter dem Fahrer eine Anhängerkupplung montiert, an der der Personenanhänger befestigt ist.
Bis zu vier Personen passen in so ein Tuk-Tuk. Der Name kommt übrigens aus der Zeit als die Zug-Motorräder noch mit großvolumigen Einzylindern ausgestattet waren, deren typisches Leerlaufgeräusch sich wie „Tuk-Tuk“ anhörte.
Der Preis für ein Tuk-Tuk richtet sich normalerweise nach der gefahrenen Entfernung, für Touristen ist es meist etwas teurer, vor allem, wenn auch der Preis für den Führer enthalten ist. Allerdings sind die Englischkenntnisse unseres ansonsten sehr bemühten Fahrers eher bescheiden.
Zunächst geht es rund 8 km südostwärts entlang der früheren Bahnstrecke Richtung Hauptstadt Phnom Penh. Diese Bahnstrecke wurde früher von einer Schmalspurbahn, die aber seit vielen Jahren nicht mehr existiert. Die Bauern entlang der Bahntrasse waren jedoch schon in den 60er und 70er Jahre recht findig und bauten aus einzelnen Achsen, einem kleinen, abnehmbaren Motor und einer aus Bambus zusammengezimmerten Plattform kleine motorisierte Draisinen, mit denen sie ihr Gemüse und den Reis auf den Gleisen auf den Markt nach Battambang bringen konnten. Wenn ein Zug kam, mussten die kleinen Wagen natürlich schnell runter von den Schienen und so sind die „Bamboo Trains“, wie sie heute allgemein heißen schnell zerlegbar und lassen sich in Sekundenschnelle auf die Seite schaffen.
Heute sind die Bauern natürlich auch mit Traktoren und Lastwagen ausgestattet und er Bamboo Train wird nur noch als Touristenattraktion auf einer rund 5 km langen Strecke am Leben erhalten. Auch wir gönnen uns den Spaß und lassen uns 1 Stunde lang auf dem wackeligen und eher unsicher aussehenden Gefährt über die Gleise kutschieren – 20 Minuten hin, 20 Minuten Pause mit der Möglichkeit, Getränke oder Souvenirs zu kaufen und 20 Minuten auf der gleichen Strecke zurück.
Die Fahrer heben die schweren Achsen mit den winzigen Rädern auf die Achsen, setzen die Plattform auf, werfen den Keilriemen auf die Schwungescheibe des kleinen Viertakters und los geht. Mit vermutlich 30-40 km rauschen wir über die Gleise und weil wir nur wenige Zentimeter über den Schienen sitzen kommt es uns deutlich schneller vor. Der Motor und die Räder auf den Schienen machen einen Höllenlärm. Die Schmalspurschienen sind nicht überall ganz grade und es wackelt ab und zu ganz kräftig. Wenn ein anderer Wagen mit Touristen entgegenkommt, muss der Wagen auf dem Hinweg anhalten, dann heißt es schnell Plattform und Achsen auseinander nehmen und auf die Seite legen, damit der entgegenkommende Wagen durchfahren kann. Es ist letztlich eine Riesengaudi, aber man kann sich schon vorstellen, wie die Bauern früher mit ihrem Obst und Gemüse in die Stadt gefahren sind.
Unser Tuk-Tuk-Fahrer bringt uns anschließend zur nächsten Sehenswürdigkeit, dem Phnom Sampeu (Phnom heißt auf Khmer „Berg“). Hier gibt es gleich 3 Attraktionen: Den Berg selbst, auf dem mehrere buddhistische Tempel stehen und der eine herrliche Aussicht auf die eher flache Kulturlandschaft rund um Battambang bietet. Mehrere Höhlen, von denen eine in der Zeit der berüchtigten Roten Khmer in den 1970er Jahren traurige Bekannte erlangte, weil die Roten Khmer hier die Leichen von mehr als 8000 Opfern ihrer Folter und Mordaktionen „entsorgten“. Und nicht zuletzt gibt es hier mehrere Höhlen, die von Millionen von faltenlippigen Fledermäusen bewohnt werden, der Ausflug aus den Höhlen zur nächtlichen Jagd nach Futter jeden Abend bei Sonnenuntergang beobachtet werde kann.
Zunächst ersteigen wir also den Berg, sind ein wenig enttäuscht von den Tempeln, genießen aber den weiten Ausblick auf die unter uns liegende Landschaft. Der Abstecher in die „Killing Cave“ genannte Höhle, in der nach der Zeit der Roten Khmer die Überreste von mehr als 8000 Leichen entdeckt wurden, ist erwartungsgemäß sehr bedrückend, steht doch zur Mahnung an die Gräueltaten in einer Ecke ein Glaskasten mit zahllosen menschlichen Schädeln und Knochen vieler namenloser Toten jener Zeit.
Wirklich atemberaubend wir es dann bei Sonnenuntergang, denn unser Führer bringt uns zu einem kleinen Hang direkt unterhalb einer Fledermaushöhle. Pünktlich mit dem Untergang der Sonne, beginnt es über uns zu schwirren und zu pfeifen und Tausende, ja Millionen von Fledermäusen verlassen in einem nicht enden wollenden Strom ihre Höhle und fliegen ins Land hinaus auf der Jagd nach Futter. Bis zu 50 km legen die Fledermäuse jede Nacht zurück. Sie fressen vor allem Insekten, wie beispielsweise Heuschrecken, Hauptschädlinge für die Reisernte, weshalb die Fledermäuse in Kambodscha streng geschützt sind. Fast 30 Minuten sitzen wir – gemeinsam mit 50 oder 60 anderen Schaulustigen – auf dem steilen Hang und beobachten den unendlich scheinenden Zug der Fledermäuse. Nach einer Weile ist ihre Anwesenheit auch am üblen Geruch zu bemerken. Eine Stunde dauert es wohl, bis alle Fledermäuse die Höhle verlassen haben, aber so lange können wir nicht warten, denn inzwischen ist es dunkel und unser Fahrer drängt uns zur Rückfahrt in die Stadt.
Es war ein ausgesprochen erlebnisreicher Tag mit einem äußerst beeindruckenden Abschluss bei den Fledermaushöhlen.