Wir packen unsere sieben Sachen und fahren in die Stadt, um im HOC Café zu frühstücken. HOC steht für Hope of Children, eine Organisation, die Waisen, Kinder, die Opfer von Gewalt oder Ais wurden, ein sicheres Zuhause und eine Ausbildung geben will. In deren Café gibt es Bio-Gemüse und -Obst, selbstgebackenes Brot, Müsli und andere leckere Sachen. Dort reden wir noch eine Weile mit einem Schweizer namens Andreas, der seit einigen Jahren in Battambang lebt und es dort sehr schön findet.
Um 9.30 Uhr sind wir wie verabredet an der Bushaltestelle, wo wir von einem Kleinbus abgeholt werden und an die große Durchgangsstraße gebracht werden, wo schon der Bus nach Kampong Chnang und Phnom Penh wartet. Die Fahrräder nehmen sie anstandslos im Kofferraum mit. Wir fahren nicht die ganze Strecke mit, sondern steigen nach ca. 140 km aus in einem Kaff namens Krakor, dessen Häuser sich überwiegend entlang der großen Durchgangsstraße aufreihen, und das außer einem kleinen Markt mit regionalen Produkten kaum etwas zu bieten hat.
Der Grund, warum wir hier aussteigen, ist das sogenannte Floating Village Kampong Luong. Das Dorf am Rand des Tonle Sap, dem größten See Kambodschas, besteht ausschließlich aus Hausbooten, die je nach Wasserstand ihren Standort wechseln. Es gibt dort ein Viertel, in dem überwiegend Bewohner vietnamesischer Abstammung wohnen und eines, in dem fast ausschließlich Khmer leben.
In der Trockenzeit wie jetzt, liegt das Dorf ca. 5 km von Krakor entfernt. Jetzt sind wir froh um unsere Fahrräder. Wir radeln an ärmlichen Hütten den Erdweg entlang bis wir auf einen kleinen Stand neben der Straße stoßen wo man uns anhält. Hier müssen sich alle ausländischen Besucher in ein Gästebuch eintragen und hier vertreibt ein Vertreter der Dorfgemeinschaft gleich die Bootstouren durchs Dorf und teilt sie den Bootsführern zu. Es gibt also keine Konkurrenz, sondern Einheitspreise und jeder bekommt etwas vom Kuchen ab. Gleiches gilt für die Übernachtungsmöglichkeiten. Es gibt wohl mehrere Homestays (also Übernachtungsmöglichkeiten bei Familien zuhause), aber man kann als Gast nicht aussuchen, sondern bekommt sein Homestay zugeteilt.
Die Bootsfahrten, so sehenswert sie sind, sind mit 13 US-Dollar für eine Stunde pro Boot recht teuer und das Übersetzen zum schwimmenden Homestay kostet von vornherein 5 USD. Es ist noch früher Nachmittag und so lassen wir uns erstmal von Wirt in unser Homestay bringen. Es ist ein Hausboot mitten unter den anderen Hausbooten, sehr einfach ausgestattet. Das Zimmer für Gäste ist direkt neben dem Wohnraum und mit Ventilator, einer dünnen Matratze und einem Moskitonetz ausgestattet. Toilette ist in Gemeinschaftsnutzung, geduscht wird mit einem Schöpfer aus dem Regenwasserfass ebenfalls in der Toilette. Während vorn die Terrasse und der Wohnbereich recht großzügig wirken, ist der hintere Bereich mit der Küche doch sehr bescheiden.
Unsere Wirtsfamilie kann eigentlich gar kein Englisch und so findet eine Konversation eigentlich nicht statt, noch dazu, da sie fast die ganze Zeit vor dem Fernseher sitzen. Der zweijährige Sohn liegt währenddessen die meiste Zeit in der Hängematte und hat das Handy vor der Nase.
Wir mieten uns von der Familie ihr Boot, das wir selbst paddeln müssen. So drehen wir eine knapp zweistündige Tour durch das Dorf, sehen den Menschen beim Arbeiten, Essenzubereiten und Ausruhen zu, besuchen die örtliche Kirche (ebenfalls ein Hausboot) und sehen dabei zu, wie eines der Hausboote umzieht, also an einen anderen Ort geschleppt wird. Die Paddelei ist ganz schön anstrengend, zumal wir immer mal wieder in Sträuchern hängen bleiben.
Aber wir bekommen viel vom Leben auf dem Wasser mit. Marktfrauen paddeln hier von Haus zu Haus und bieten frisches Obst und Gemüse an, verkaufen Getränke, Süßigkeiten oder Hosen, Hemden und Kleider. In schwimmenden Werkstätten werden Bootsmotoren oder Haushaltsgeräte repariert. Es gibt Supermärkte, eine Polizeistation und einen Tempel. Da es keinen Strom gibt, sind viele Hausboote mit Solarpaneelen und einer Batterie ausgestattet. Auch unser Homestay hat Strom (hauptsächlich, damit der Fernseher laufen und das Handy geladen werden kann). Abends kocht uns die Wirtin ein bescheidenes Mahl mit Reis und frischem Fisch und Melone zum Nachtisch. Dann geht es früh zu Bett. Vorher gönnen wir uns noch eine schnelle Eimerdusche aus der Regentonne. Die entsetzlich lauten Motoren der Boote dröhnen auch bei Nacht und vor allem schon sehr früh am Morgen, aber mit Ohrstöpseln können wir doch recht ruhig schlafen.