Freitag, 03. Januar 2020
Hpa-An
Die Straßen sind so gut – oder unser Busfahrer so flott unterwegs – dass wir zwei Stunden früher in Hpa-An ankommen als geplant. Morgens um drei weckt uns das Buspersonal und nur wenig später stehen wir mit unseren Rucksäcken an der völlig leeren Hauptdurchgangsstraße von Hpa-An. Kein Mensch zu sehen, kein Auto, kein Moped – und natürlich auch kein Taxi oder Rikscha. Mit Google Maps navigieren wir uns zu Fuß zum Golden Palace Hotel, wo wir einen Tag zuvor noch ein Zimmer für drei Nächte gebucht haben. Im Eingang zur Garage schläft der Nachtwächter. Wir wecken ihn, er wiederum weckt den Manager, der neben der Rezeption auf einem Sofa schläft. Wie selbstverständlich erhalten wir trotz so früher Anreise ein Zimmer für die restliche Nacht und hauen uns noch ein paar Stunden aufs Ohr.
Nach dem Aufstehen leihen wir uns im Soe Brother Guesthouse, ein paar Meter von unserem Hotel entfernt, einen Honda-Scooter und fahren für ein spätes Frühstück ins Veranda Youth Community Café einem lauschigen, komplett aus Bambus errichteten Restaurant und Café, etwas abseits des Innenstadt-Trubels an einem kleinen See gelegen. Hier finden wir zum ersten Mal auf dieser Reise ein Müsli mit frischen Früchten und Joghurt und dazu einen leckeren Cappuccino.
Das Städtchen Hpa-An liegt rund 100 Kilometer westlich der thailändischen Grenze und ist die erste größere Ortschaft und erste Übernachtungsmöglichkeit, wenn man von Thailand her nach Myanmar einreist. Deshalb gibt es hier auch eine recht gute Auswahl an Hotels, Gästehäusern und Restaurants. Allerdings hat der Ort Hpa-An selbst wenig zu bieten und ähnelt vielen anderen burmesischen Städten, die wir bereits besucht haben. Einzig die Uferpromenade am Thanlwin, wo viele der Hotels gelegen sind, gibt dem Ort ein wenig Charakter. Weshalb viele Touristen – und auch wir – hierherkommen, ist vielmehr die ungewöhnliche Landschaft mit ihren steil aus der Ebene herausragenden Karstbergen, in denen sich zahlreichen Tropfsteinhöhlen verbergen. Doch dazu später.
Zunächst fahren wir mit unserem Roller von Hpa-An rund 10 Kilometer südlich zum Kloster Ka Latt. Das buddhistische Kloster liegt inmitten eines fast kreisrunden Sees auf einer kleinen Insel. Das Besondere ist aber der einzigartige Karstfels, der sich wie ein Finger mitten aus der Insel heraus erhebt und der heute Mittelpunkt des Klosters und Aussichtspunkt zugleich ist. Eine schmale Treppe führt bis zu einer kleinen Plattform auf halber Höhe des Felsen, wo Gläubige beten und kleine Opfergaben vor den Buddhastatuen ablegen. Von hier aus hat man einen schönen Blick über den See und die umliegenden Reisfelder.
Der heilige Ort und die eigentümliche Felsformation mitten im See ziehen offenbar viele einheimische Touristen an, denn die Zufahrt zum Kloster ist eng mit Souvenir- und Klamottenläden gesäumt.
Auf unserem Weg zum Besuch einer der Höhlen überqueren wir auf einer beeindruckenden Stahlbrücke mit unserem Roller den Fluss Thanlwin und biegen gleich danach auf eine winzige Landstraße ab, die uns an kleinen Dörfern vorbei zur Höhle Yathae Pyan führen soll.
Unterwegs begegnen wir Reisbauern bei ihrer mühsamen Arbeit. Der Reis hat hier sein erstes Wachstumsstadium schon vollendet und es gilt nun, die dichten Büschel Reisgras aus dem trockenen Boden zu ziehen, die Pflanzen zu vereinzeln und in den bewässerten Feldern wieder einzupflanzen, wo sie bis zur Ernte bleiben. Eine der Bäuerinnen freut sich, dass wir Interesse an ihrer mühsamen Arbeit haben und posiert gerne für ein paar Fotos.
Höhlen in Myanmar sind eigentlich immer auch buddhistische Wallfahrtsorte. So auch die Höhle Yathae Pyan, die wir besuchen. Vom Parkplatz führen einige Treppen bergauf, vorbei an zahlreichen Buddhastatuen. Der weiträumige Eingang zur Höhle wirkt zunächst sehr unspektakulär, doch schon nach wenigen Schritten stehen wir in einer gewaltigen Halle, die von einem goldenen Stupa beherrscht wird. Überall stehen kleine Stupas und an die Höhlenwände schmiegen sich Terracotta-Reliefs mit tausenden kleiner Buddhafiguren. Das einfallende Licht verleiht dem Dom-artigen Eingang zusätzlich eine mystische Atmosphäre.
Die Höhle erstreckt sich noch weiter ins Berginnere und wir folgen einem Pfad, der an Stalagmiten und Stalaktiten vorbei gut beleuchtet immer weiter in den in den Berg hinein führt. Plötzlich kommen wir an eine Stelle, wo die Decke der Höhle eingestürzt ist und Tageslicht die Wände erhellt, und wenig später stehen wir auf der anderen Seite des Berges wieder im Freien. Hier haben die Einheimischen eine Aussichtsplattform errichtet, von der wir in der warmen Nachmittagssonne einen schönen Blick auf die umliegenden Reisfelder genießen.
Um vor Anbruch der Dunkelheit zurück in Hpa-An zu sein, schwingen wir uns auf den Roller und fahren zurück, wobei wir an der großen Brücke über dem Fluss Thanlwin kurz anhalten, um das prächtige Farbenspiel des Sonnenuntergangs über dem Fluss zu bestaunen.
Als wir kurze Zeit später in Hpa-An einfahren, kommen wir an einem Nachtmarkt vorbei, der allabendlich am Ufer des Flusses aufgebaut wird. Nachtmärkte sind in Myanmar eher selten, aber offenbar haben sich die Bewohner der grenznahen Stadt etwas von den erfolgreichen Nachtmärkten im nahen Thailand abgeschaut. Wir gehen den Markt ab und suchen uns auf an einigen der Marktstände Leckereien aus der burmesischen Küche zum Abendessen aus, von gegrillten Fleischspießchen über scharfes Gemüse bis zu süßen Pfannkuchen mit Kokos zum Nachtisch.
