Zum Frühstück hat uns Aslam ein Dachterassen-Restaurant in der Nähe empfohlen. Wir essen dort, aber weder Service noch Speisen sind so gut, dass wir gerne wiederkommen würden. Zwischenzeitlich haben wir Aslam angerufen, der uns angeboten hat, dass sein Bruder Fairos uns mit der Autorikscha zu den Sehenswürdigkeiten fahren kann. Wir nutzen das Angebot, wohl wissend, dass er uns in den ein oder anderen Laden schleppen wird, wo er Provision kassiert, wenn wir etwas kaufen. Das wird uns vielleicht etwas mehr kosten, als den üblichen Preis, aber Fairos ist ein netter Kerl und macht seine Sache gut und wir wollten ja ohnehin ein paar Souvenirs aus der Stadt des Sandelholzes und der Seide mitnehmen.
Zunächst geht es auf den Chamundi Hill, den 1062 m hohe „Hausberg“ von Mysore. Der gesamte Berg ist heiliges Gelände. Ganz oben – mit Blick über die ganze Stadt – gibt es einen hinduistischen Tempel, der der Göttin Parwati geweiht ist. Sie soll laut Mythologie den Dämon Mahishasura getötet haben, nach dem die Stadt Mysore angeblich benannt ist. Um uns nicht in die endlose Schlange der Pilger einreihen zu müssen, lösen wir ein Ticket für den Express-Zugang und können so schon nach 20 Minuten einen Blick auf die Statue von Parwati werfen. Für uns wirken die üppig geschmückten Steinfiguren oft kitschig, aber für gläubige Hindus ist der Besuch dieses Tempels ein wichtiges Ereignis, das mit entsprechenden Ritualen und Opfergaben zelebriert wird.
Den halben Weg den Berg hinunter gehen wir die Treppe, die in 1000 Stufen vom Fuß des Bergs bis ganz nach oben führt. Die Stufen sind mit roten und orangenen Farbstreifen geschmückt, die Gläubige beim Aufstieg an jeder einzelnen Stufe hinterlassen. Wir kommen auf dem Weg bergab an einem 5 m hohen Bullen aus Stein – Nandi, das Reittier des Gottes Shiva – vorbei, der 1659 aus dem blanken Fels geschlagen wurde. Auch hier finden religiöse Zeremonien statt.
Wieder unten in der Stadt bringt uns unser Rikscha-Fahrer zunächst zur größten Kirche Mysores, die zu Zeit der englischen Kolonialzeit im 19. Jahrhundert erbaut wurde. Die St. Phylomena-Kirche wirkt von außen beeindruckender als sie dann von innen ist.
Gleich um die Ecke besichtigen wir eine Kooperative, wo Witwen und andere bedürftige Frauen Räucherstäbchen aus Naturmaterialien herstellen und Öle aus Sandelholz, Lotusblüten, Rosen und anderen Pflanzen gewinnen. Wir lassen die Präsentation der Öle über uns ergehen und kaufen dann auch ein paar kleine Fläschchen, die trotz des für Indien recht hohen Preises von ca. 0,50 Euro pro Milliliter immer noch um das 100-fache billiger sind, als man sie bei Amazon in Deutschland kaufen kann.
Nächster Stopp ist ein Kooperativen-Laden, der Seide aus regionaler Produktion und andere Souvenirs aus ganz Indien verkauft. Die Seidenschals sind wirklich erstklassig und wir können nicht widerstehen. Und auch zwei handgehämmerte Klangschalen aus örtlicher Produktion finden letztendlich den Weg in unser Gepäck – Tina hat jetzt 3 kg mehr zu schleppen.
Letzte Station unserer Stadtrundfahrt ist der Maharadscha-Palast von Mysore, ein prunkvolles Gebäude außen wie innen. Weil Samstag ist, ist der Besucherandrang ziemlich groß, aber auch trotz der vielen Schulkinder und anderer indischer Touristen lohnt sich der Rundgang durch die aufwändig ausgestalteten Räume und Hallen mit Säulen und Bögen, pompösen Dekorationen und schmucken geschnitzten Türen. Es braucht nicht viel Fantasie, um sich vorstellen zu können, wie der Maharadscha von Mysore einst hier Hof hielt und offizielle Empfänge abhielt. Die ehemaligen Privatgemächer sind zwar auch zu besichtigen, aber wir haben genug für heute und machen uns auf den Weg zurück zum Hotel.
Auf dem Weg dorthin kommen wir am Devaraja-Markt vorbei, einem teilweise überdachten Markt mitten in der Stadt, in dem hauptsächlich Blumen, Farben und andere Utensilien für den religiösen Bedarf sowie Obst und Gemüse gehandelt werden. Ein Fest für alle Sinne: Farben und Düfte strömen auf uns ein, an jeder Ecke preisen die Händler ihre Waren an und wir wissen gar nicht, wo wir zuerst hinschauen sollen. Ein Tag voller neuer Eindrücke geht zu Ende und nach einem leckereren Reisgericht in einem der Restaurants in der Nähe des Markts kehren wir erschöpft zum Hotel zurück.